Fachkräftemangel: Deutschland sucht qualifiziertes Personal

Die deutschen Medien überschlagen sich mit immer neuen Schlagzeilen zu dem Thema. Der Mangel an Fachpersonal wird zum Umsatzkiller, in einigen Branchen sind bekommen Bewerber sofort einen Job oder bis 2030 werden 3 Millionen Fachkräfte fehlen. Werden nicht bald Gegenmaßnahmen getroffen, sehen die Prognosen für die Zukunft düster aus. In manchen Branchen ist die Lage sehr ernst. Nicht nur die Politik, sondern auch die Unternehmen sind zum Handeln gezwungen.

Zu wenig qualifizierte Arbeitskräfte

Der Mangel an Fachpersonal beschreibt einen Zustand in einer Wirtschaft, bei dem eine Vielzahl der offenen Stellen eine niedrige Anzahl an verfügbaren Arbeitskräften gegenübersteht. In Deutschland macht sich bereits seit einigen Jahres dieses Missverhältnis zwischen qualifizierten Fachkräften und offenen Stellen in verscheiden Branchen deutlich bemerkbar. Um von einem flächendeckenden Mangel zu sprechen ist es aber nach einer Einschätzung der Bundesagentur für Arbeit noch zu früh. Hier wird noch von vereinzelten Engpässen gesprochen. Die Lage ist aber ernst. In den Bereichen Medizin, Handwerk, Pflege und bei den technischen Berufen fehlen am häufigsten Fachkräfte mit einer entsprechenden Ausbildung.

Das Problem besteht aber auch bei Fachkräften mit einem höherem Fortbildungs- oder Studienabschluss. Hier sind vor allem die Gesundheits- und MINT-Berufe betroffen. MINT steht für Mathematik, Ingenieur, Naturwissenschaft und Technik. Nicht nur in der industriellen Produktion sind entsprechende Qualifikationen erforderlich. MINT-Fachkräfte werden in der gesamten Volkswirtschaft in wichtigen Schlüsselqualifikationen benötigt. Hier sind beispielsweise Geschäftsführung, Einkaufsmanagement, Wissenschaft und Verwaltung zu nennen.

Qualifizierungschancengesetz – Förderung der beruflichen Weiterbildung für Arbeitnehmer

Im Januar 2019 trat das Qualifizierungschancengesetz in Kraft. Damit wurde die Bundeagentur für Arbeit mit einem deutlich höheren Budget für die Förderung der beruflichen Weiterbildung ausgestattet. Für das Jahr 2019 wurden bereits 10 Milliarden Euro für arbeitsmarktpolitische Maßnahmen zur Verfügung gestellt. Der größte Anteil davon war für die aktive Weiterbildungsförderung vorgesehen. Gerade in der heutigen schnelllebigen Arbeitswelt ist es von größter Bedeutung, Können und Wissen stets auf dem aktuellen Stand zu halten um die berufliche Zukunft zu sichern. Die Beschäftigten müssen dazu gebracht werden, den digitalen Wandel mitzugehen. Berufliche Weiterbildung spielt nicht nur noch eine wichtige Rolle, wenn es um Aufstiegsmöglichkeiten geht. Auch wer seinen Arbeitsplatz behalten möchte, muss sich in unserem digitalen Zeitalter dafür wappnen.

Fakten, Zahlen und Daten

Laut Analysen des IW (Institut der Deutschen Wirtschaft) sind aktuell schon zwei von drei Stellen, die eine entsprechende Ausbildung voraussetzten, nur schwer oder überhaupt nicht zu besetzen. Die Tendenz ist eindeutig steigend. Verschiedene voneinander unabhängige Studien gehen davon aus, dass bis 2030 bis zu drei Millionen Fachkräfte fehlen, sollten Politik und Wirtschaft jetzt nicht reagieren. Die Folgen für den Wirtschaftsstandort Deutschland könnten verehrend sein. Das künftige Wirtschaftswachstum und die Wertschöpfung werden folgenschwer ausgebremst. Arbeitskräfte sind seit jeher die wichtigsten Ressourcen der Wirtschaft.

Können Unternehmen ihre offenen Stellen nicht besetzen, können die angebotenen Dienstleistungen irgendwann nicht mehr erbracht werden. Letztlich wird dadurch die komplette Volkswirtschaft bedroht. Auch in der Pflege stellt dies ein erhebliches Problem dar. Es ist offen, wie der steigende Pflegebedarf der immer älter werdenden deutschen Bevölkerung zukünftig abgedeckt werden kann. Europaweit sieht es im Grunde nicht anders aus, weil Fachkräfte dorthin abwandern, wo sie die besten Arbeits- und Lebensbedingungen finden.

Regionale Unterschiede

Auf ganz Deutschland gibt es bei dem Mangel an Fachkräften laut des Instituts der deutschen Wirtschaft regionale Unterschiede. Besonders schlecht ist die Situation beispielsweise in Baden-Württemberg. Hier sind mittlerweile ca. 83% der Stellen in den Engpassberufen zu besetzen. Vergleichsweise gut steht hingegen noch Berlin da, wo dieser Wert bei 38% liegt. Am stärksten von der Fachkräftesituation sind Thüringen und Rheinland-Pfalz betroffen. Gerade in ländlichen Gebieten mangelt es an Nachwuchskräften. Diese strukturell schwachen Regionen sind im Wettbewerb um Fachkräfte klar benachteiligt. Dies wird hier in den kommenden Jahren noch deutlicher zu spüren sein.

Gründe für den Mangel an Fachkräften

Als Gründe für den spürbaren Mangel an Fachkräften, nennen Forscher unterschiedliche Ursachen. Die zunehmende Überalterung der deutschen Bevölkerung nimmt dabei eine wesentliche Rolle ein. In den letzten Jahrzehnten nahm die Geburtenrate immer weiter ab, somit stehen dem Arbeitsmarkt generell zu wenige Arbeitskräfte zur Verfügung. Demographen rechnen zwar nicht mehr mit einem so starken Rückgang der Bevölkerung. Die Zahl der Menschen im arbeitsfähigen Alter wird aber bis 2040 weiterhin um gut 10 % sinken. Einen anderen Grund stellt die fortschreitende Digitalisierung in nahezu allen Wirtschaftszweigen dar. Dadurch verlieren viele Berufe an Bedeutung und neue Verantwortungsbereiche entstehen, in denen wieder komplexes Fachwissen benötigt wird.

Auf der anderen Seite nimmt die Verfügbarkeit von qualifiziertem Personal fortwährend ab. Konkret werden viele Überwachungs- und Sicherungstätigkeiten wegfallen. Auch Packer und LKW-Fahrer müssen davon ausgehen, dass künftig Automaten und Roboter ihre Arbeit übernehmen. Das gleiche gilt auch für Immobilienmakler, Kreditsachbearbeiter, Buchhalter. Diese werden auf lange Sicht gesehen von elektrischen Systemen ersetzt. Bereits heute gibt es schon einen spürbaren Mangel an medizinischen Assistenten, Pflegern, Ärzten, Ingenieuren, Forschern und Managern.

Maßnahmen der Politik

Verschiedene Szenarien oder Möglichkeiten könnten dabei helfen, den Fachkräftemangel zu minimieren oder die Lücke sogar zu schließen. Eine groß aufgezogene Bildungsoffensive könnte dabei helfen, die Arbeitskräfte besser auf die Herausforderungen der digitalen Arbeitswelt einzustellen. Das Bundesministerium für Bildung und Forschung hat schon eine Strategie erarbeitet, um die digitale Bildung nachhaltig und umfassend zu fördern. Es kommt darauf an, die Möglichkeiten der Digitalisierung auch in der Bildung zu nutzen. Bildungseinrichtungen müssen ebenfalls in die Verantwortung genommen werden und entsprechende Konzepte vorlegen. Um das volle Potenzial auszuschöpfen muss sich zukünftig mehr mit dem Thema beschäftigt werden.

Schlafende Arbeitsmarktressourcen wecken

Um den Mangel an Fachkräften zu minimieren, können Arbeitsmarktressourcen die bislang aufgrund schlechter struktureller Bedingungen außen vor blieben, erschlossen werden. Hier sind beispielsweise Teilzeitarbeitnehmer, Ältere oder Frauen in der Familienphase zu nennen. Ältere müssen dazu motiviert werden, über das Renteneintrittsalter hinaus zu arbeiten und Erziehende brauchen flexiblere Bedingungen. Nur 25 % der Unternehmen können aktuell als familienfreundlich bezeichnet werden. Schon seit langem wird über eine bessere Vereinbarkeit von Arbeit und Familie diskutiert. Dazu gehören beispielsweise Maßnahmen wie Flexibilität des Arbeitsortes, flexible Arbeitszeiten und Kinderbetreuungsmöglichkeiten im Unternehmen.

Mitarbeitende in Helferpositionen sind offen für Weiterbildungen und viele streben aufgrund veränderter Lebensbedingungen auch das Nachholen von Berufsabschlüssen an. Daher findet sich hier ein mächtiges Potential, Fachkräfte zu rekrutieren, die teilweise sogar schon sehr gute Vorkenntnisse mitbringen. Allerdings sehen sich diese sogenannten Geringqualifizierten auch vor großen Hürden.

Ausländische Fachkräfte die aufgrund des Aufenthaltstitels nicht am Arbeitsmarkt teilnehmen dürfen oder sehr lange um die Anerkennung ihrer Qualifikationen kämpfen müssen, würden den Mangel ebenfalls dämpfen.

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